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Bonner Generalanzeiger vom 10.12.1992 |
Von Hans G. Schürmann
Das ausgehende Amerika-Jahr mit
seinen Feiern 500 Jahre nach der Entdeckung des Kontinents hatte die Kölner Deutsche
Welle zum Anlaß eines Gastkonzertes im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses genommen, das
mit den "Modern Strings" ein junges, exquisites Streichensemble erstmals nach
Bonn brachte.
Auf neue Musik der Neuen Welt aus
den USA, Mexiko und Brasilien, darunter eine europäische Erstaufführung, exclusiv
ausgerichtet, präsentierten die dreizehn Musikerinnen und Musiker dabei ein
hochinteressantes Programm, das erneut die hierzulande immer noch weitverbreitete Meinung
ad absurdum führte, daß von "da drüben" musikalisch nichts Wesentliches zum
Weltkonzert der zeitgenössischen Musik beigetragen worden sei.
Von dem mit Toscanini-Hilfe ins
sinfonische Weltrepertoire katapultierte "Adagio for Strings" von Samuel Berber
abgesehen, das die "Modern Strings" mit sanfter Klangallüre überzeugend auf
seine kammermusikalisch dezenten Qualitäten abtasteten, dürften die anderen Stücke den
Zuhörern weithin unbekannt gewesen sein.
Von den "Bachianas
Brasileiras" von Heitor Villa-Lobos etwa ist theoretisch oft die Rede als
glücklichen Beispielen für die Vermählung von Barock und "klassisch"
verfremdeter Folklore, doch gespielt werden sie noch höchst selten. Und Rodolfo Halffter,
der Mexikaner gewordene Spanier, ist (neben seinem Bruder Ernesto und seinem Neffen
Christobal) sicher zu Unrecht das unbekannteste Mitglied der Familie geblieben, wie drei
Stücke für Streichorchester bewiesen, die das Ensemble mit rhythmischer Stringenz und
fein ziselierten Arioso-Melancholien bewegend in den Raum stellten.
In reduzierter Besetzung zeigten
die jungen Musiker an Lou Harrisons "Suite for Strings" von 1947 auch solide
solistische Qualitäten, um schließlich mit einer "Sinfonia breve para cuerdas"
des Mexikaners Blas Galindo mit Nachdruck auf das Schaffen eines Komponisten aufmerksam zu
machen, dessen indianische Herkunft einige originelle "Wildheiten" erklären
helfen mag, der aber mit formaler Akribie und Intelligenz seine von mexikanischer Folklore
sicher mitbestimmten Einfälle in streng koordinierte Klangabläufe zu bannen verstand.
Der spontanen Aussagekraft der
Komposition halfen "Modern Strings" unter der Ägide ihres Primarius Ruddi
Sodemann mit engagiertem und klanglich sorgsam austariertem Streicherspiel mitreissend
nach.Stürmischer Beifall aus gut besetztem Haus. |
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Kölner Stadtanzeiger vom 12.05.1993 |
"Modern Strings" spielten
in Bensbergs Ratssaal
Streichorchester mit exclusivem Programm
Bergisch Gladbach Auf den
ersten Blick ist es schon ein ungewöhnliches Streichorchester, die Kölner Formation
"Modern Strings". Die meisten der zwölf Streicher stehen, die Herren korrekt im
Frack mit poppigem Kummerbund, die Damen flott bis salopp. Wie das Outfit, so das Spiel:
überwiegend korrekt, ziemlich flott, manchmal zu salopp.
Die jungen Musiker hatten sich ein
ebenso exclusives wie behagliches Programm zusammengestellt. Romantische Streicherwerke
des slawischen Bereiches brachten einen einheitlichen Ton in den Bensberger Ratssaal, von
Tschaikowsky bis Rachmaninow dominierte die Klanglichkeit.
Ruddi Sodemann als Konzertmeister
koordinierte die Truppe. Janáceks Suite für Streicher kam ungeheuer beweglich , spontan
und bewies bei den kniffligen Einsätzen im Presto-Satz, daß die Kölner auch ohne
Dirigenten glücklich werden können. Den Mittelstimmen hatte man viel Aufmerksamkeit
geschenkt, auch der dreistimmige Satz klang voll und saftig. Die Beweglichkeit im Klang
ist wohl der Vorzug dieser Musizierweise, wo jeder Musiker so viel Verantwortung trägt.
Der Nachteil dieser so transparenten, kleinen Besetzung wird allerdings bei jedem
Intonations-Mißgriff jedes einzelnen Musikers unangenehm deutlich.
Bei Tschaikowskys zwei kleinen
Werken für Violoncello solo und Streicher überwogen die Stärken des Ensembles. Mit
Wladimir Kissin verfügen sie über einen Solisten mit herausragenden Qualitäten; mit
großem, samtigen Ton und viel russischer Seele wurden das Nocturno op. 9, 4 d-moll und
das Andante cantabile H-Dur Hauptwerke des Abends. Hier lag der Verdienst der Musiker in
der Schlichheit: Tschaikowsky ohne Schmalz und Tränendrüse. Hier ging das erfreuliche
Konzept voll auf, feine dynamische Effekte kamen präzise und akkurat.
Bei Rachmaninows spät
aufgefundenen Frühwerken Romanze und Scherzo ist kaum zu glauben, daß der Meister sich
1891 nachweislich noch nicht der Filmmusik verschrieben hatte. Auch hier kam das
"Andante espressivo" hingetupft und pastell.
Dvoráks düsteres Nocturne von
1875 ließ die späteren Walzer op. 54 geradezu als heiteren Ausklang erwarten. Das
duftige Spiel brachte die beschwingt-melancholische Atmosphäre in den Ratssaal: Kein
Wunder, daß das Publikum die Musiker nicht sofort ziehen ließ. (D.M.) |
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Bonner Rundschau 29.01.1996 |
Konzert Bundeskunsthalle
Doppelter Hindemith
EN Bonn. Für das fünf Jahre alte
Ensemble "Modern Strings" aus Köln hielt die Bundeskunsthalle eine Aufgabe
parat: Türkische Musik einzustudieren, was theoretisch auf der Programmschiene der zwölf
Streicher lag, die sich auch der aktuellen Musik aus anderen Kulturkreisen verschrieben
haben. Praktisch aber spielt die neue türkische Musik eine eigenartige Sonderrolle.
Sie entstammt nämlich durchaus dem
westlichen Kulturkreis, auch wenn sie bei uns kaum jemand kennt oder spielt. Das Interesse
galt immer mehr der traditionellen türkischen Musik und weniger der Kunst im Gefolge der
türkischen Öffnung nach Westen unter Atatürk. Damals ließ sich der in Nazideutschland
nicht mehr geduldete Hindemith von der durchaus befreundeten Türkei einladen, ihr
Musikleben nach westlichen Standards zu organisieren.
"Hindemith meets
Atatürk", titelte man also gar nicht unzutreffend die Wiederholung der
deutsch-türkischen Musibegegnung. Denn die Sinfonietta für Streichorchester des
Hindemith-Freundes Ulvi Cemal Erkin (1906-1972) erwies sich als verdoppelter Hindemith:
der pädagogische Impetus des jungen Hindemith wurde ebenso aufgegriffen wie bestimmte
Tendenzen des späten. Freilich verwandelt in der Klangaura türkischer Tonskalen.
Die jungen Kölner haben sich
dieser Musik ohne alle Diminuitive angenommen. Dennoch, die Sechs Bagatellen des jungen
Bülent Arel (1919-1990) waren die interessanteren Beispiele für türkische Musik auf
westlichem Kurs. Ihre strukturellen Elemente, ihre Spontaneität, ihr improvisatorisches
Element entliessen sie aus dem direkten Vergleich mit Hindemiths Fünf Stücke für
Streichorchester und der Trauermusik für Streicher und Solobratsche.
Daß Michaela Zirnbauer diesen
Solopart in Ton und Emotion gut spielte, wie überhaupt diese Kölner Musikgruppe sich
geschickt mit allem präsentierte, sei ausdrücklich bestätigt. Auch Telemanns
Nationalitäten-Suite nahm sich in diesem Rahmen zur Ausstellung "Im Lichte des
Halbmonds" gar nicht fremd aus. |
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Kölnische Rundschau vom 07.10.1996 |
Delikatessen wie Streichsextette
von Franz Schubert, Bohuslav Martinu und Nikolaij Rimsky-Korsakoff, gespielt von den
bundesweit gefeierten "Modern Strings", ließen sich Musikkenner aus der
evangelischen Gemeinde Nippes nicht entgehen. Rund 40 Zuhörer verfolgten im
Gemeindezentrum die bald wirbelnd schnellen, bald getragenen Saitenstriche der sechs
Musiker, die gekonnt einen Bogen über verschiedene Musikstile spannten. Die Modern
Strings haben sich 1991 formiert und auf internationalen Veranstaltungen für Furore
gesorgt. So 1992 beim New Music Festival im dänischen Aalborg oder in diesem Jahr, als
sie im Rahmen der Ausstellung "Im Lichte des Halbmonds" in der Bundeskunsthalle
ihr Programm "Hindemith meets Atatürk" mit Werken der türkischen Komponisten
Bülent Arel und Ulvi Cemal Erkin präsentierten. Kps |
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Kölner Stadtanzeiger vom 15.11.1996 |
Ensemble "Modern Strings"
ließ das Publikum staunen Aktuelles und Exotisches in spannendem Wechsel
Hennef Nicht nur die vielen
kleinen Zuhörer saßen mit offenen Mündern in der Meys Fabrik der
Sextettformation des Streichensembles "Modern Strings" war es gelungen, mit drei
eher unbekannten Sextetten das Publikum in seinen Bann zu ziehen.
"Modern Strings"
der Name ist seit 1991 Programm. Nicht nur das Outfit der Musiker hebt sich von dem
traditioneller Streichensembles ab. Mit poppig-bunten Krawatten präsentierten sich die
zwölf Musiker ganz ohne Dirigenten - auf Initiative von Ruddi Sodemann (Geige)
Klassisches und Barockes im lebendigen Wechsel mit Aktuellem und Exotischem. Mit
musikalischen Entdeckungen aus anderen Kulturkreisen beweisen die Musiker, daß auch
außerhalb der westlichen Welt große zeitgenössische Musik geschrieben wird.
Auf der Bühne der Meys Fabrik
verwirklichten Ruddi Sodemann und Raimund Wartenberg (Geigen), Michaela Zirnbauer und
Berard Corazolla (Bratschen) und John Semon und Georg Börgers (Celli) ein weiteres ihrer
Ideale: Mit dem Anliegen , den Zuhörern selten gespielte Stücke nahezubringen, tritt die
Sextettformation der "Modern Strings" seit 1992 einmal im Jahr mit einem eher
exotischen Programm auf.
Eingestimmt wurden die rund
fünfzig Konzertbesucher durch die Ouvertüre c-moll von Franz Schubert. Energisch,
kraftvoll gespielt, erinnerte das geheimnisvolle, unruhige Werk an einen wilden
Herbststurm. Mit ihrem zweiten Stück, dem Sextett für Streicher des Tschechen Bohuslav
Martinu stellten die Musiker eines der Werke jüdischer Künstler in den Vordergrund. In
dem lebhaften Sextett gelang es den Spielern, die musikalische Spannung mit unbändiger
Energie auf ihr Publikum zu übertragen.
Den romantischen Abschluß des
Konzertabends bildete das ebenso unbekannte wie finessenreiche Sextett in A-Dur des
großen Künstlers Nikolaij Rimsky-Korsakoff. (ni.) |
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Kölner
Stadtanzeiger vom 6.3.2002 |
Musik ging unter die Haut
von Iris Zumbusch
... ein aussergewöhnliches Hörerlebnis. Die “Modern Strings” strichen,
zupften oder klopften in atemberaubenden Einsätzen die erlesene
Rhythmik quer durch die Vielschichtigkeit des Tango und enthoben ihn
oftmals durch moderne Interpretationsformen der konventionellen
Gewandung.
Frenetische Applaus für ein grossartiges Konzert.
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Kölner Stadtanzeiger vom
9.3.2002 |
Bach trifft auf den Tango
Das Ensemble Modern Strings lud zu seinem Konzert im
Stiftersaal Gäste aus Uruguay ein.
Von Egbert Hiller
Uruguay ist (neben Argentinien) das zweite Mutterland des Tango, die
Gitarristin Gabriela Diaz und der Komponist und Bandoneon-Virtuose René
Marino Rivero waren daher willkommene Experten. Riveros Fähigkeiten als
Arrangeur wurden in Bachs Konzert f-moll (BWV 1056) offenkundig. Das vom
Bandoneon dominierte Klangbild war zwar gewöhnungsbedürftig, hatte aber,
dank konzentrierter Interpretation, besonders im Largo seinen Reiz.
Dagegen hinterließ Riveros Concierto de Montevideo
Nr. 3 , entstanden 1995/96, bei der Uraufführung zwiespältige Eindrücke.
Denn das dreiteilige Werk schwankt unentschlossen zwischen traditionellem
Tango und modernen Elementen, fahrig kamen Kopfsatz und Finale daher, köstlich
gelangen aber die schlüpfrigen Glissandos in “Grelas” (“Huren”).
Neben der Erotik ist die Melancholie die wichtigste
Farbe des Tangos. Auch für Komponisten, die ihn nicht im Blut haben,
taugt er zur Projektionsfläche für Trauer und Sehnsucht. So sinnierte
Kurt Weill in dem Tango-Habanera “Youkali” – nach seiner Emigration
aus Nazi-Deutschland – über “ein untergegangenes Land unserer Wünsche
und Träume” (Text: Roger Fernay). Und die Modern Strings gewannen der
Streichquartett-Fassung von Barry Socher feine Leuchtkraft und entrückte
Zartheit ab.
Der Abschluss des Abends galt dann dem Großmeister
des Tango schlechthin, Astor Piazzolla. Spröde Rasanz bescherte “Four,
for Tango”, druckvoller Zugriff, überraschende Wendungen und herbe
Stimmungswechsel erfreuten im komplexen Doppelkonzert “Hommage à Liège”.
Ihre Stärken als Duo spielten Diaz und Rivero in der Zuggabe, einem alten
Tango aus Rio de la Plata, aus, mit Virtuosität und Tiefe der Empfindungen
zogen sie das begeisterte Publikum nochmals in den Bann.
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